Eine Dienstreise nach BUNA

Chemie gibt Brot, Wohlstand und Schönheit

artikel-08Das Chemieprogramm der DDR sollte ursprünglich ab den 1960er Jahren die DDR-Wirtschaft stabilisieren und von Importen aus dem nicht-sozialistischen Wirtschaftsgebiet (NSW) unabhängig machen. Zunehmend mußte aber der teure Import-Rohstoff Erdöl immer mehr durch die einheimische Braunkohle ersetzt werden. Das führte vor allem im Raum Halle/Leipzig zu immer größeren Umweltbelastungen und -zerstörungen. In Leipzig konnten wir in den 1980er Jahren die Windrichtung allein am Gestank der Chemieschwaden ausmachen. Bei West-Wind roch es z.B. intensiv nach Kaffeesatz – das kam aus der Richtung der BUNA-Werke bei Schkopau. Bei einer Dienstreise im Januar 1983 nach BUNA zu ,,Elaste und Plaste aus Schkopau“ hatte ich meine Exa 1a-Kamera (in der Tasche) dabei und hab versucht die Zustände vor Ort zu dokumentieren …

Meine Dienstreise am 26. Januar 1983 zum Volkseigenem Betrieb (VEB) Chemische Werke BUNA begann auf dem Leipziger Hauptbahnhof mit einer Fahrt im Personenzug nach Halle. Dort ging es zu Fuß weiter zur Straßenbahn-Haltestelle der Überland-Linie ,,5″ am Thälmannplatz (heute wieder Riebeckplatz) und dann bin ich die etwa 10 km lange Strecke nach Süden bis zur Haltestelle Bunawerke gefahren – Fahrzeit etwa 30 min.
Buna_83.03_14Wenn ich mich noch so dunkel erinnere, dann wurde es während der Fahrt draußen immer nebliger, alles lag grau in grau …

Nach dem Aussteigen aus der Straßenbahn hab ich gemerkt, es war gar nicht neblig – der Qualm von den Schornsteinen der Bunawerke nebelte die ganze Gegend ein. Man konnte den Staub förmlich rieseln hören und sehen.

Von der Straßenbahn-Haltestelle zum Werkseingang kam ich auch an den Arbeiter-Wohnheimen vorbei. Die eigentlich farbige Fassade war nur noch grau-in-grau – keiner nahm mehr den sinnlosen Kampf gegen den Dreck aus der Karbid-Produktion auf.

Am Nachmittag, nach meinem Werksbesuch, habe ich an der im BUNA-LEUNA-Gebiet vierspurig ausgebauten Fernverkehrsstraße 91 noch ein paar Straßenbilder aufgenommen. Auch diese auf dem alten kratzerreichen Film aufgenommenen Straßenbilder haben ihren historischen Charme.

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Dann bin ich wieder mit der Überlandlinie ,,5″ und dem Zug über Halle zurück nach Leipzig gefahren.

Anmerkung: Tatsächlich veränderten die in der DDR produzierten chemischen Erzeugnisse unseren Alltag: bei uns zu Hause wurde so manches ältere Porzellan- oder Steigutgeschirr durch modisches buntes Plastegeschirr ersetzt. Auch Kunstfaserstoffe, z.B. aus ,,Dederon“ (DDR-on) setzten sich schnell durch. Ich denke da nur an ein (fast) beliebige dehnbares Kunstfaser-Einkaufsnetz, dass bei keiner der Dienstreisen fehlen durfte, um jede Menge rarer Konsumartikel mit nach Hause tragen zu können …   😉

1983, Januar,
Exa 1a, ORWO-SW, NP15

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